Moldoveanu 2544 m

Kékes

Moldoveanu| 2.544 m | Rumänien

Vom Matragebirge in die Walachei – die historische Region im Süden des heutigen Rumänien – nach Făgăraș sind es rund 650 Kilometer. Das ist an einem Tag zu schaffen. Ich fahre auf der Nationalstraße 1 durch zahlreiche Städte und Dörfer, begleitet von Störchen, die auf Elektromasten ihre Nester haben. Viele Häuser sind zur Selbstversorgung mit Wein berankt, einige Straßenabschnitte sind regelrechte Walnußalleen. Was machen die Bewohner nur mit diesen Riesenmengen an Walnüssen? Ich erfahre von den Einheimischen, dass sie daraus Öl pressen, den größten Teil allerdings selbst als Gehirnnahrung verspeisen.

Auf der ganzen Strecke gibt es zur Umfahrung der beiden rumänischen Städte Cluj-Napoca und Turda nur einen kurzen Autobahnabschnitt. Und gerade da erwischt es mich. Ein Polizist stoppt mich mit roter Kelle. Er ist allein und sagt, er hätte mich mit 157 Stundenkilometer gemessen – erlaubt sind 130. Das muss er nach Deutschland melden und es kostet mich 400 Euro und drei Punkte in Flensburg. Ich kann es nicht glauben, beginne mit ihm auf Englisch zu verhandeln. Er – wie er sagt – drückt ein Auge zu und bietet mir eine „innerrumänische Lösung“ an: 380 LEU, was umgerechnet rund 85 Euro sind. Ich stimme zu, er schreibt seinen Bericht, ich unterschreibe, zahle und fahre weiter. Ob das alles sauber war

Es gibt verschiedene Möglichkeiten den Moldoveanu Gipfel zu besteigen. Man kann es in einer ein- oder zwei-Tagestour machen. Eigentlich ist es mehr eine Wanderung, ohne hochalpine Anforderungen, aber reine Natur auf gut begehbaren und ausgeschilderten Pfaden. Ich entscheide mich für die zwei-Tagestour, starte mit dem Auto in Victoria und fahre soweit wie möglich über Waldwege Richtung Podragu Hütte. Waldarbeiter sind eifrig dabei, Bäume zu fällen und zu zersägen. Nachdem ich eine Parkmöglichkeit gefunden habe, rede ich mit ihnen (die Jungs sprechen gut englisch) und bitte sie, mein Auto zu verschonen und darauf aufzupassen, bis ich am nächsten Tag zurück bin. Sie nicken freundlich.

Durch herrlich wilden Wald wandere ich dann in sieben Stunden von 650 Höhenmeter auf die 2.186 Meter hochgelegene Podragu Hütte. Die Hüttenwirtin spricht deutsch. Sie ist sehr freundlich. Essen–Trinken–Schlafen: passt alles. Es sind einige junge Leute in der Hütte, mit denen ich mich angeregt über die Dinge dieser Welt unterhalte. Am nächsten Morgen gehen wir gemeinsam Richtung Gipfel. Wir treffen auf eine ukrainische Gruppe, die nicht nur auf den Gipfel will, sondern lautstark und freudig erklärt, dass sie in die EU will. Das war am 10. Juli 2013. Wir konnten nicht ahnen, was danach alles passierte.

Um 11.11 Uhr erreichten wir den 2.544 Meter hohen Gipfel, schmückten ihn mit der EU Flagge und genossen den Ausblick auf die Transsilvanischen Alpen, die Karpaten.

Ich bin dann direttissima abgestiegen und welch Wunder, mein Mercedes E-Cabrio stand noch da – unbeschädigt – dank sei den Holzfällern.

Den Gipfelcappuccino genieße ich in Făgăraș. Dabei treffe ich ein rumänisches Paar, das in Düsseldorf lebt und mir den Tipp für den Künstler Dorin Lupea gibt. Sein Atelier hat er gleich in der Nähe vom Gipfelort Victoria, doch arbeitet er zurzeit gerade in einer Kunstschule in Bukarest. Also machte ich mich auf den Weg und besuche ihn dort. Ich war überwältigt von seinen Bronzefiguren. Besonders sein „Europa Ring“ hat es mir angetan – fantastisch.

Mit dem neuen Kunstwerk im Gepäck mache ich mich auf in Richtung Bulgarien


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