Mont Blanc / Monte Bianco 4808 m

Mont Blanc

Monte Bianco/Mont Blanc I 4.808 m I Italien/Frankreich

Nach dem erfolgreichen Hochtouren-Training auf dem Gran Paradiso fahren wir durch den Mont Blanc Tunnel nach Chamonix. Von dort aus wollen wir am nächsten Tag den Mont Blanc angehen. Chamonix ist eine schöne Stadt. Immer was los, internationales Publikum und den fantastischen Blick auf den Top EU Summit. Um zum eigentlichen Start zu gelangen, geht es von „les Houches" mit der Zahnradbahn nach Nid d`Aigle auf 2.315 m. Die Tour beginnt mit einem zunächst gemütlichen Aufstieg (850 Hm) zum Refuge de Tête Rousse. Die kommenden 650 Hm sind durchgehend steil, teilweise senkrecht und im Fels aufwärts. Technisch sind sie allerdings nicht so schwierig, da, ähnlich der Klettersteige, viel
Eisen im Fels verankert wurde. Noch relativ fit erreichen wir auf 3.835 m das Refuge du Goûter. Die neue Hütte, besser gesagt, das Hotel (6,5 Mio. Euro Baukosten) steht zwar schon, ist aber noch nicht bezugsfertig. Wir essen und trinken also in der alten, heruntergekommen Hütte und schlafen dort bis zwei Uhr in der Nacht.

Wir sind zu viert, teilen uns in zwei Seilschaften auf, da immer nur zwei mit einem Bergführer gehen können. Unser Guide heißt Sebastian, ein junger Student aus Aalen, für den das Bergsteigen eine große Leidenschaft ist und er sich großartig auskennt. Wir brechen früh auf. Es ist verdammt nebelig. Unsere Steigeisen enttäuschen uns nicht. Selbst auf extrem steilen, schmalen Graden und schlechter Sicht trotz Stirnlampen, kommen wir gut voran. Das Wetter wird zusehends schlechter. Ob wir es bis zum Gipfel schaffen? Gerade, als wir die Vallothütte auf 4.362 Meter erreichen, beginnt es zu graupeln. Die Hütte ist eine etwas größere Biwakschachtel, in der schon einige Wanderer übernachtet haben. Aufgrund des Wettersturzes drängen die Bergsteiger von unten und oben kommend massiv in den Unterschlupf. Soweit es machbar ist, checked Sebastian draussen die Lage. 20 Minuten später, die Hütte ist mittlerweile brechend voll, kehrt er zurück. Klare Ansage, frei nach unserem Größten, Reinhold Messner: abbrechen und runter. 440 Meter unter dem Gipfel umkehren. Ein harter Schlag für uns. Enttäuscht tasten wir uns bei Sichtweite von wenigen Zentimetern abwärts, bis wir die Goûter
Hütte erreichen. Nach kurzer Einkehr, es gibt keinen Cappuccino, nehmen wir den langen und kräftezehrenden Abstieg bis nach Chamonix in Kauf. wir gönnen uns eine kleine Verschnaufpause im Hotel. Dann ziehen wir los in die Kneipen und Bars, spielen Billard und tanzen in die Nacht hinein. Am nächsten Morgen suchen wir vergebens den Mont Blanc. Alles wolkenverhangen. Was nun? Aufgeben? Meine Bergkameraden entschließen sich nach Hause zu fahren. Ich trinke erstmal einen Cappuccino begebe mich auf die Route de la sculpture Contemporaine, Danach steht meine Entscheidung fest: ich gebe nicht auf und wage einen 2. Versuch. Warum auch nicht: die vollständige Integration Europas erfordert ja auch mehrere Versuche.

Mont Blanc - 2. Versuch

August ist Hochsaison für die Mont Blanc Besteigungen. Die Bergführer sind ausgebucht. Dennoch schaffe ich es nach endlosen Telefonaten Hácek zu treffen. Ein junger „Zatopek“, der am Snèzka aufgewachsen ist und seit einigen Jahren als Bergführer am Mont Blanc und Matterhorn unterwegs ist. Hácek schlägt eine Mont Blanc Überschreitung vor.: Start L'Aiguille du Midi, 3.842m, - Cosmiques Hütte – vorbei am Mont Blanc du Tacul und Mont Maudit zum Gipfel auf 4.808 m.
Abstieg über den Bossegrat, Refuge du Goûter nach Les Houches. Sollen wir diese Route wirklich gehen? Erst vor 4 Wochen sind dabei neun erfahrene Bergsteiger durch einen Eisbrett-Abgangtödlich verunglückt.

Wir machen es!

Die Wettervorhersagen sind glänzend. Wir fahren nachmittags mit der Seilbahn zum du Midi, dann geht es auf schmalem Grat 200 Höhenmeter runter zur Cosmiques Hütte auf 3.613 m. Wir treffen dort nur wenige Bergsteiger. Kein Wunder nach dem Drama vor einem Monat. Wir gehen früh schlafen, um für den Tag der Tage fit zu sein. Um 3 Uhr geht’s los, mit voller Energie bei minus 10 Grad. Hácek kennt den Weg und wir kommen gut voran. Punkt 6 Uhr erleben wir das Naturspektakel der aufgehenden Sonne. Fantastisch! Mehrfach müssen wir im Eis vertikal klettern. An der Unglücksstelle am Mont Maudit legen wir eine Gedenkminute ein. Ein japanisches Paar kommt hinzu, dann geht’s weiter Richtung Gipfel. Es wird immer anstrengender, doch auf einmal haben wir es geschafft. Wir sind oben, on the TOP, um genau 10.22 Uhr. Die Glücksgefühle sind unbeschreiblich. Von der Erschöpfung ist nichts mehr zu spüren. Wir springen auf dem Gipfel hin und her, von Frankreich nach Italien, vom Monte Bianco auf den Mont Blanc, dem höchsten Summit der Europäischen Union. Wir sind glücklich und hissen die EU Flagge. Drei russische Bergsteiger sind von unserer Hüpferei so begeistert, dass sie mitmachen und laut rufen „Мы также хотим в ЕС“ - wir (Russland) wollen auch in die EU“. Der Abstieg auf dem sonnigen und luftigen Bossegrat macht richtig Spaß. Wir sind durstig und hungrig. Wir immer ist die Gôuter Hütte voll und wir müssen uns gedulden, bis wir die Refuge de Tête Rousse, 3.167 m erreicht haben. Wir verbringen die Nacht dort und steigen am nächsten Tag, am 15. August, nach Chamonix ab und feiern unseren Gipfelerfolg. In Italien ist Ferragosta mit riesigem Feuerwerk, in Frankreich ein spektakuläres Theaterstück im Fels mit Tanz und Musik.

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